Ankersteine
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Letztes Update: 5-11-2023
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Die Geschichte der Ankersteine
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Jan Daniel Georgens
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Die Geburtsstunde der Miniaturbausteine, später "Ankersteine" genannt, schlug
1863, als der Pädagoge Jan Daniel Georgens (1823 - 1886), ein Schüler Friedrich Fröbels, die
von ihm entwickelten Ziegelbaukästen vermarktete. Die Steine wurden aus einer Art Zement
gegossen. Es erschienen Musterbücher mit Steinformen wie dem Würfel und einem
langgestreckten Stein. 10 Jahre später wurden diese bereits auf (romanische) Bögen,
Dachsteine und Turmspitzen erweitert.
Im Jahr 1878 entwickelten Gustav und Otto Lilienthal eine stark verbesserte Rezeptur. Die
Steine wurden nun aus einem Gemisch von Silbersand, Kreide und rohem Leinöl hergestellt und
in einer Form in der richtigen Form zusammengepresst. Anschließend werden die Steine mehrere
Stunden lang bei einer Temperatur von 150 - 200 ºC "gebacken", wodurch das Leinöl durch
Polymerisation aushärtet. Mit den Farben Sandsteingelb, Ziegelrot und Schiefergrau wird das
Aussehen und die Haptik von echten Natur- oder Ziegelsteinen erreicht.
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Gustav Lilienthal |
Durch den schlechten Absatz gezwungen, verkaufte Gustav Lilienthal 1882 die
Fabrikationswerkzeuge der Georgens-Baukästen einschließlich der Patente an den gewieften
Geschäftsmann Friedrich A. Richter, der sich in Rudolstadt (Thüringen) bereits ein Imperium
mit der Herstellung von Medikamenten aufgebaut hatte. - Später erhielt Lilienthal von
Richter dennoch die Erlaubnis, den Verkauf von Ziegeln in beschränktem Umfang fortzusetzen.
Der Name "Anker" wurde von Richter eingeführt. Das System der "Anker"-Baukästen wuchs
zu
einem komplizierten Satz von etwa 400 Kästen verschiedener Serien heran und war um 1900
trotz seines hohen Preises sehr beliebt.
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Die kleinen Kästen mit nicht viel mehr als hundert Bausteinen und einer
begrenzten Anzahl von Bausteinformen waren für Kinder gedacht, aber durch den Kauf immer
größerer Ergänzungskästen erreichte man über 14 Zwischenstufen eine Sammlung von mehr als
3.800 Bausteinen mit Hunderten von verschiedenen Bausteinformen. Die großen Gebäude, die man
damit bauen konnte, waren natürlich nur für Erwachsene mit guten motorischen Fähigkeiten
geeignet.
Nach der Blütezeit in der Belle Epoque wurde die Steinproduktion ab 1910
schrittweise zurückgefahren. Neben der Neuen Folge (NF) wurden viele weitere, etwas kleinere
Serien produziert, wie VE, DS, Neue Reihe, Burgenbau und die Brückenbaukästen.
Das endgültige Aus kam nach dem Zweiten Weltkrieg, als Rudolstadt Teil der DDR wurde.
Nach
der Wende 1989 wurde die Produktion von Anker-Ziegeln versuchsweise wieder aufgenommen.
Derzeit werden alle NF-Kästen wieder bei der
Ankerstein GmbH, immer noch in Rudolstadt, zum
Verkauf angeboten.
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Vier romanische Halbbögen wurden für das Geländer der Treppe
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Bauen mit Ankersteinen
Die Abmessungen der gebräuchlichsten Ziegel sind von einer Einheit von 25 mm
abgeleitet. Es gibt einen Würfel mit den Abmessungen 25 x 25 x 25 mm, aber auch einen Stein
mit den Abmessungen 50 x 25 x 25 mm, 12,5 x 25 x 25 mm und 37,5 x 12,5 x 6,25 mm. Man kann
sich also eine große Anzahl verschiedener Steinformen ausdenken. Viele davon sind
tatsächlich realisiert worden.
Neben blockförmigen Ziegeln gibt es auch romanische und gotische Bögen in verschiedenen
Größen, Zylinder für Säulen, dreieckige blaue Ziegel für Dächer und spezielle Ziegel für
Türme. Viele Bögen sind in zwei Teile geteilt, so dass man sie auch für andere, dekorative
Zwecke verwenden kann. Insgesamt wurden mehrere hundert verschiedene Steinformen
hergestellt. Im CvA-Katalog, der 2011 aktualisiert wurde, finden Sie sie alle.
Die Steine werden nicht geklebt, sondern lose aufeinander
gestapelt. Das
funktioniert gut, weil sie schwer und rau sind, sodass ein Gebäude bei einer unerwarteten
Berührung nicht zusammenbricht, sondern höchstens einen Stein verliert. Um Ihnen eine
Vorstellung davon zu geben: ein großer Ankerbau aus über 3.000 Steinen ist oft 70 bis 100 cm
hoch und wiegt mehr als 50 kg.
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Ein Bauvorlage für NF6 |
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Kathedrale für NF34
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Bauvorlagen
Jetzt willst du auch etwas mit diesen Ankersteinen machen. Nachdem du ein paar Steine
aufeinander gestapelt hast, merkst du als Erwachsener, dass es gar nicht so einfach ist,
daraus ein Gebäude zu machen, das auch noch ein bisschen schön aussieht. Für diesen
NF-Anfängerkasten und die 14 folgenden Stufen hatte die Fabrik Hunderte von Bauvorlagen von
Architekten für Villen, Kirchen, Schlösser, Rathäuser und andere öffentliche Gebäude, sowie
Pavillons, Kutschenhäuser, ... angefertigt. Viele Entwürfe wurden auch für andere
Baukastenserien wie Brücken angefertigt. Die Gebäude wurden in der Regel in einem der um
1900 verbreiteten Neostile, wie der Neugotik und dem Neoklassizismus, entworfen.
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Eine Schnittseite für NF16 |
Bei den etwas größeren Gebäuden kann man nun nicht mehr sehen, welcher Ziegel
sich an einer bestimmten Stelle befindet. Aus diesem Grund mussten selbst bei den kleinen
NF6-Gebäuden manchmal mehrere Schnitte gezeichnet werden, um dies herauszufinden. Die
wirklich großen Gebäude wie NF34 erforderten daher Dutzende von Schnitten.
Diese riesige Menge an Baumustern und alles, was Richter's Anchor Factory sonst noch
produziert hat, finden Sie auf
Ankerstein.ch.
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Metall in Anker
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Kutschenhaus aus VE 21. Bei diesem Gebäude wurden die
vernickelten VE-Dächer durch DS-Dächer mit Dachziegeln ersetzt, mit Ausnahme des
mittleren Vordachs.
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Lilienthal war schon lange unzufrieden mit der Dachkonstruktion seiner
Steinkästen. 1887 schrieb er an seine Verlobte Anna Rothe, er wolle die Kästen mit "Dächer
durch Platten aus Zinkblech bilden, die besonders geformt sind, sodass sie sich gegenseitig
festhalten. Als Unterlage dienen die Brettchen als Sparren, sodass das Dach wirklich hohl
wird und nicht wie bei Richter ein solider Steinklotz, zu dem sehr viele Steine verbraucht
werden". Der anschließende
Rechtsstreit mit Richter über die Steinproduktion führte dazu, dass aus dieser Idee nichts
wurde, aber Richter war bereits dabei, sie zu entwickeln. 1901 wurde mit der Serie
Brückenbau (Br) auch Metall als Bau- und Konstruktionsmaterial eingeführt. Zunächst nur für
Brücken, aber mit der primitiven Möglichkeit, die Brückendecks auch als Dachplatten zu
verwenden. Letztere Idee wurde in der neuen Baukastenlinie der VE-Serie (Vernickeltes Eisen)
weiterentwickelt, für die parallel zur NF-Serie eine ganze Reihe neuer Baubeispiele
entwickelt wurde. Mit diesen konnten alle Arten von Gebäuden und auch Brücken gebaut
werden.
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Die Konstruktion einer einfachen VE-Brücke |
Die vernickelten Brücken der Serien Br und VE waren genial konstruiert,
erforderten aber viele kleine, oft spezielle Teile, die alle verloren gehen konnten. Mit den
vernickelten Brückendecks und ein paar speziellen Anbauteilen konnte man aber auch ein Dach
bauen. Diese Dächer hatten allerdings noch Probleme mit der Stabilität und sahen etwas
blechern aus. Sie wurden daher nie wirklich ein Erfolg.
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Liegeplatz für ein Dampfschiff mit Pavillon aus GK-Br 1. Es
wurden vernickelte Unterbogenbrücken verwendet.
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Mit der 1909 eingeführten DS(Dach-Steine)-Serie wurde die Anzahl der Brückenteile, die nun
lackiert statt vernickelt waren, deutlich reduziert. Dies erleichterte zwar die Handhabung,
ließ aber die Raffinesse der vernickelten Teile vermissen.
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Die Konstruktion einer einfachen DS-Brücke |
Erfolgreicher waren jedoch die DS-Dächer aus lackierten dünnen Eisenblechen.
Sie wurden mit Flachdachziegeln gedeckt und übertrafen damit die Vollsteinedächer der
NF-Serie an Ästhetik bei weitem. Auch die Stabilität war besser, wenngleich sie damals noch
nicht ganz an die der Vollsteinedächer der NF-Serie heranreichte. Erst nach 1990, mit der
Einführung eines kleinen Bauteils, eines 2-mm-Stellrings , wurde die
Stabilität der DS-Dächer
derjenigen der NF-Dächer gleichgestellt.
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Kanzel von Dieter Wellmann für NF6
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Neue Entwürfe
Nachdem die Aktivitäten der Ankerfabrik nach 1910 zunehmend zurückgingen, begannen auch die
Besitzer größerer Steinsammlungen mit der Herstellung eigener Entwürfe. Vor allem während
und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg machten sich einige Designer wie Wyttenbach und Bolhuis
einen Namen damit, insbesondere mit der NF-Serie. Und in den neunziger Jahren des
zwanzigsten Jahrhunderts, als die Anker-Fabrik begann, immer höhere NF-Fortsetzungskästen
herauszubringen, stürzten sich einige talentierte Leute unter den Anker-Freunden in diese
Tätigkeit. Neben den bekannten Neo-Stilen wurden auch wieder neue architektonische Stile
verwendet, vom Mittelalter bis zum Jugendstil. Die Größe lief parallel zum Erscheinen des
nächsten Kastens der NF-Serie.
Die älteren Entwürfe wurden von Hand gezeichnet, manchmal akribisch, aber oft
etwas unordentlich und undeutlich, sodass sie nicht so einfach nachgebaut werden konnten.
Außerdem überstiegen einige Entwürfe die Anzahl der verfügbaren Steine in der Kiste, für die
sie bestimmt waren.
Doch mit der Verfügbarkeit des 3D-Programms AnkerPlan haben mehrere Anker-Freunde diese
Entwürfe digital erfasst und damit besser zugänglich gemacht. Mit AnkerPlan wurden viele
Entwürfe im Original-Richter-Stil auch in Heften veröffentlicht, die in der Regel 10
Entwürfe für einen oder zwei NF-Fortsetzungskästen enthalten. Die Hefte wurden sowohl im
pdf-Format (siehe die
BiK Seite) als auch in gedruckter Form (meist
A3-Format, nur für CvA-Mitglieder) veröffentlicht.
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Friedenspalast von G.H. Bolhuis für NF34 |
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Computerentwürfe
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Bauen in AnkerPlan2 |
Um das Jahr 2000 wurde auch damit begonnen, das zeitaufwändige Zeichnen von Entwürfen von
Hand durch eine virtuelle Konstruktion mit Hilfe von Computersoftware zu ersetzen. Daraufhin
wurde AnkerPlan entwickelt, ein fortschrittliches 3D-Programm, das sowohl
Ansichtszeichnungen als auch die entsprechenden Querschnitte erzeugt.
AnkerPlan1 wurde von einem CvA-Mitglied beim Softwarehaus "Flying Cat"
entwickelt. Leider kämpfte es viele Jahre lang unter anderem mit Stabilitätsproblemen und
Ausrichtungsfehlern. Schließlich wurde die Entwicklung von AnkerPlan1 seitens 'Flying Cat'
eingestellt.
Im Jahr 2018 hat Michael Erhard die Entwicklung von Ankerplan übernommen. Da
die Struktur von Ankerplan1 nur schwer zu verbessern war, begann er Ankerplan2 mit
einem
komplett neuen Design. Gemeinsam mit Andreas Rhodin wurde in den letzten Jahren ein hoch
entwickeltes und zuverlässiges 3D-Programm erstellt, das ganz auf die Arbeit mit
Ankersteinen ausgerichtet ist. Es kann kostenlos vom Ankerstein
Center heruntergeladen werden.
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Anker-Rätsel
Eine der vielen Aktivitäten der Ankerfabrik war die Herstellung von Rätseln. Eine Reihe von
Steinplatten, manchmal aus Holz, in der Regel 7 bis 10 Stück, bilden zusammen eine einfache
geometrische Form wie ein Rechteck, einen Kreis oder ein Ei (das Ei des Kolumbus). Aber wenn
man sie unterschiedlich anordnet, kann man sie zu allerlei überraschenden Figuren
zusammensetzen. Es wurde ein Heft mit einigen Beispielen - Problemen genannt - für diese
Figuren zur Verfügung gestellt, aber NICHT, wie man die Puzzleteile anlegt. Das scheint sehr
einfach zu sein, ist es aber definitiv nicht.
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Eile mit Weile.
10-teiliges Rätsel
met 96 problemen. Uit Slocum en Gebhart, The Anchor Puzzle Book, 2012; the Slocum
Puzzle Foundation.
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Richter brachte 1890 sein erstes Puzzle heraus, das 7-teilige Tangram, das
schon zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts eine Zeit lang ein Renner war. Auch diese neue
Produktion wurde ein großer kommerzieller Erfolg, sodass 35 weitere folgten. Von vielen
Rätseln wurden bis weit nach dem Ersten Weltkrieg mehr als 100.000 Exemplare verkauft. Trotz
dieser hohen Stückzahlen sind heute nur noch wenige von ihnen erhalten.
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Das Ankermuseum in Berlin
Wenn Sie die Steine wirklich spüren wollen, ein Anker-Gebäude in echt sehen wollen, sollten
Sie vielleicht einen Anker-Freund in Ihrem Bekanntenkreis besuchen oder einmal als Gast an
einem Clubtreffen teilnehmen. Darüber hinaus können Sie aber auch das
Anker-Museum von
Dieter Schäfer in Spandau (West-Berlin) besuchen, das jeden Dienstag von 10 bis 16 Uhr
geöffnet ist.
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Schließlich
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Diese Webseite zeigt nur einen kleinen Ausschnitt von allem, was es über
Ankersteinen zu wissen gibt. In der unten stehenden Literatur und auf den Websites finden
Sie viel mehr über die Geschichte von Ankersteinen und was damit zusammenhängt. Viele
Informationen finden Sie auch auf einer Reihe von Websites. Und für einen bescheidenen
Jahresbeitrag können Sie auch Mitglied der 'Club van
Ankervrienden' werden.
Literatur
- Jörg Bergmann:
Das Bauen, Georgens Steinbaukasten seit 1863
2021, eigene Veröffentlichung. Über die erste Zeit nach der Schaffung der Steinbaukästen
- Peter A. Zwijnenberg:
De geschiedenis van Richter's Anker-steenbouwdozen
1982, PAZ Mediacontacten
- Annete Noschka:
Gustav Lilienthal 1849 - 1933
1989, Beitrag aus einem Bericht über eine Ausstellung im Landesarchiv in Berlin
- J. Stocum & D. Gebhart:
The Anchor Puzzle Book
2012, The Slocum Puzzle Foundation
- George F. Hardy:
Richter's Anker (Anchor) Stone Building Sets
2013, eigene Veröffentlichung
- George F. Hardy:
KATALOG der ANKER-BAUSTEINE
2011, Club van Ankervrienden
Relevante Websites über Anker
- Ankerstein.center
Die von Michael Erhard eingerichtete Website. Hier können Sie die aktuelle AnkerPlan2
Installationsdatei herunterladen. Enthält fast alle neuen Entwürfe von älteren und
aktuellen Planern in Ankerplan. Der aktualisierte Ziegelkatalog ist ebenfalls hier zu
finden. Nur für CvA-Mitglieder zugänglich.
- Ankerstein.ch
Die Website von Andrea Mazzocco. Enthält das vollständige, digitalisierte Archiv aller
Richter-Entwürfe.
- Anker
Steinbaukastenfreunde Berlin
Die Website des Berliner Ankermuseums von Dieter Schäfer.
- Ankerwiki.de
Die Website von Andreas Abel. Auch neue Konstruktionsbeispiele der verschiedensten
Anker-Serien.
- Ankerstein.org
Die Website des Nestors der Entwicklung des Wissens über Anker: George Hardy. Wird nicht
mehr gepflegt.
- Anker-bausteine.de
Die Website der Ankersteinfabrik, auf der alle NF-Kasten noch bestellt werden
können.
- Fred
Hartjes-Anker
Fred Hartjes' Website über Anker.
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Club van
Ankervrienden Rigolettostraat 28 (nur nach Voranmeldung) 2555 VS Den
Haag Niederlande
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Contact: Tel:
0031-(0)70 2120486
info@clubvanankervrienden.nl
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